Die Kunst des Versuchs

Ich lasse mich sehr gerne von Büchern inspirieren, so auch vom Schriftsteller Paulo Coelho. Eine Geschichte in seinem Buch "Sei wie ein Fluss, der still die Nacht durchströmt" erschienen im Diogenes Verlag gefällt mir besonders.

 

"Die Kunst des Versuchs"

 

Da ich die Persönlichkeitsrechte des Schriftstellers nicht verletzen möchte, kann ich die Geschichte hier nicht zitieren. Möchte aber gerne meine Gedanken teilen, die durch das Lesen der Geschichte entstanden sind.

Coelho schreibt vom inneren Wunsch, der uns inspiriert unseren eigenen Weg zu gehen. Aber was passiert dann meistens, Angst keimt auf. Halte ich mich an die Regeln, die von der Gesellschaft vorgegeben sind?

Solche Geschichten tun gut, innezuhalten und hinzuspüren: "Was ist eigentlich mein Wunsch, meine Fähigkeit, mein Potenzial"? Hör ich eigentlich noch darauf? Ist es schon ganz verschüttet in den Tiefen von überzogenem Pflichtbewusstsein, Verantwortung, funktionieren wollen? Nichts gegen Werte wie Pflichtbewusstsein und Verantwortung, sie sind in unserer Gesellschaft zugunsten von Macht, Gier, Geld oft verloren gegangen.  Das wäre ein anderes Thema, das zu diskutieren lohnt.

 

Zurück zur Kunst des Versuchs. Was inspiriert uns?

Gehen wir zurück zu unserer eigenen körperlichen Entwicklung. Ein Baby entwickelt sich über die Beziehung zur Mutter und zum näheren Umfeld. Inspiriert, das eigene Bewegungsrepertoire zu erweitern, wird das Baby durch seine Neugier. Bewegt sich etwas in der näheren Umgebung, möchte es das erreichen und erkunden. Es versucht immer und immer wieder über verschiedene Annäherungen das Spielzeug oder die Person zu erreichen. Dabei gibt es immer wieder "Fehlversuche". Fehler die notwendig sind, um den bestmöglichen Weg zu finden.

Coelho nennt es auf das Erwachsenenalter übertragen: "Augenblicke, die sich wiederholen und die uns häufig vor ein uns dasselbe Problen stellen". Das deprimiert manchmal. Auf das Herz hörend, wird man sich aber bewußt, dass die Erlebnisse ihren Zweck haben. Sie sollen lehren, was noch nicht gelernt ist. Man findet immer eine neue Lösung - und hält das Versagen nicht für Fehler, sondern für Schritte auf dem Weg der Begegnung mit sich selbst.

 

Wir sind nie fertig in unserem Lernprozess, wir brauchen immer wieder neue Versuche, neue Wege, auch Narben die uns wissen lassen, das hast du schon ausprobiert, du musst es nicht nocheinmal versuchen.

Die Balance zu finden, was ist für mich richtig und können auch meine Mitmenschen damit leben, ohne dass sie sich respektlos behandelt fühlen, ist dabei eine hohe Kunst. Nicht egoorientiert, sondern "selbstorientiert" zu handeln. Da wären wir wieder bei Moshe Feldenkrais und seinem Werk "das starke Selbst" (oder wie die englische Fassung es besser trifft - the potent self"). Ich glaube, wenn wir unserem potenten Selbst, näher und näher kommen, können wir sowieso nicht mehr egoorientiert handeln, die Reflexion unserer eigenen Selbstwahrnehmung bezieht unsere Mitmenschen mit ein.

 

In diesem Sinne auf zu neuen Feldenkrais-Experimenten!

 

Angelika Gall